Geschichte

Die Geschichte der Schafhaltung nahm im ehemaligen Württemberg einen besonderen Verlauf, denn bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts bedurfte es einer hoheitlichen Konzession, um Schafe zu halten. Das herrschaftliche Recht, nicht nur eigene Flächen zu beweiden sondern auch die der Untertanen, spielte auch für die Ausprägung der landestypischen Wanderschafhaltung eine große Rolle.

Wanderschafhaltung

Die Geschichte der Schafhaltung in Württemberg ist wechselvoll: Ob 200.000 Mutterschafe oder 650.000 Mutterschafe –mit beidem mussten Mensch und Natur im Lauf der Jahrhunderte leben und Erträge erwirtschaften. Die Entstehung der ökologisch besonders wertvollen Wachholderheiden ist hiermit eng verknüpft.

Feine Wolle durch Merinos

Herzog Ulrich verbot im Jahr 1536 die Haltung des krankheitsanfälligen und nur geringe Wollerträge liefernden Zaupelschafs. Für die besonders feine Merinowolle interessierte sich Herzog Karl Eugen. Zur Verbesserung der Wollqualitäten im Herzogtum Württemberg wurde 1783 die sogenannte Schafsdeputation in Stuttgart ins Leben gerufen. Dabei war zum Einen die Wollqualität nachhaltig zu verbessern und zum anderen die entsprechende Menge bereitzustellen, um Wollverarbeitungsmanufakturen aufbauen und bedienen zu können.

Herzog Eugen

Nach dem Fall eines strengen Exportverbotes für die begehrten Merinoschafe entsandte der Herzog im Jahr 1786 zwei extra ausgebildete Schäfer und den Dirigent der Ludwigsburger Tuchfabrik nach Spanien, um diese Tiere vor Ort zu erwerben. Die ausgewählte Rasse „ovejas merinos“ hob sich einerseits durch ihre besonders feine Wolle hervor und zeichnete sich andererseits durch ihre Marschfähigkeit aus. In der Haltung und Bewirtschaftung der spanischen Wanderherden gab es durchaus Parallelen zur Schafhaltung auf der Schwäbischen Alb. Dies war der Garant für die erfolgreiche Etablierung der feinwolligen Schafe in Württemberg.

Wanderung nach Münsingen

Mit dem Einzug von insgesamt 104 spanischen und französischen Merinoschafen im Herbst 1786 nach Württemberg wurde der Grundstein für den Aufbau einer eigenständigen Schafrasse – dem Württembergischen Schaf – gelegt. Die Tiere wurden zunächst in Münsingen, später in Justingen gehalten. Der Meiereihof Hohenheim – Wohnsitz des Herzogs und heute Versuchsbetrieb der Universität – wurde als Musterbetrieb eingerichtet und mit der Stammzucht beauftragt, die zeitweise auch in Justingen erfolgte.

Das goldene Vlies

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts spricht man von der „Zeit des goldenen Vlies“. Die Wollmärkte in Göppingen, Kirchheim und Heilbronn sind auf ihrem Höhepunkt und die Qualität der Wolle spielte eine wirtschaftlich große Rolle. Mittels Einkreuzungen des spanischen Merinos in das vorhandene heimische Landschaf wurde die Qualität weiter verbessert. Fruchtbarkeit, Gesundheit, Marschfähigkeit und Fleischigkeit zählten neben Wollertrag und -qualität zu den verfolgten Zuchtzielen.

 

DAS WÜRTTEMBERGISCHE BASTARDSCHAF…

Die Zucht des „Württemberger Bastardschafs“ gliedert sich ab 1889 in zwei Zuchtrichtungen: Zur Verbesserung der Schlachtausbeute wurden Merino-Fleischschafe eingekreuzt.

 

… WIRD NACH 100 JAHREN ZUR RASSE „WÜRTTEMBERGER SCHAF“ …

Im Jahr 1915 entscheidet endlich die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG), die Bezeichnung „Bastardschaf“ zu ersetzen. Der Rassestandard für das „Württembergische veredelte Landschaf“ wird festgelegt und bald in zwei Richtungen bearbeitet, die der Wollqualität und der Fleischigkeit unterschiedliche Gewichtung zukommen lassen. Die hervorragende Rasse – im Alltag nun kurz „Württemberger“ genannt – verbreitet sich auch in angrenzende Regionen. 1925 lautet das Zuchtziel für das „Württembergische veredelte Landschaf“: „Die Erzeugung eines frohwüchsigen, gesunden, abgehärteten, für ausgedehnten Weidegang und zum Pferchen geeigneten, marschfähigen und genügsamen Schafes mit einem schweren, gut geformten Körper und hohem Wollertrag.“

… UND „WÜRTTEMBERGER LAMM“

Haltung und Zucht der „Württemberger“ sind bald nicht mehr auf die Region Württemberg begrenzt. 1927 wird deshalb die überregional in Süddeutschland agierende „Arbeitsgemeinschaft für die Zucht des Württemberger Schafes“ eingerichtet, an der die tragenden süddeutschen Zuchtorganisationen beteiligt sind. Die folgenden Jahrzehnte verlangen immer wieder Marktanpassungen, die zuletzt in einem fast völligen Verlust des Wollwertes münden. Die Landschaftspflege ist dafür eine neuartige Leistung, die bei den auch heute noch wandernden Schafherden honoriert wird. Mit „Württemberger Lamm“ wird die traditionelle Bezeichnung wieder aufgenommen. „WürttembergerLamm“ steht für ein Premiumprodukt der regionalen Schafwirtschaft und stellt für Schäfer und Verbraucher gleichermaßen einen attraktiven Vermarktungsweg dar.