Aufgabe und Herausforderung der heimischen deutschen Lammfleischerzeugung und -vermarktung

Anlässlich der Mitgliederversammlung der Wirtschaftsvereinigung deutsches Lammfleisches e.V. am 31.05.2022 in Berlin wurde vom Vorstandsmitglied Hans Nesges ein Besuch auf dem Berliner Großmarkt organisiert. Die Gruppe startete um 05:30 Uhr vor dem Hotel. Die Fahrt ging vorbei am Regierungsviertel und dem Hauptbahnhof und endete in der Beusselstraße auf dem Großmarkt. Dieser umfasst insgesamt 330.000 m² an Fläche und es betreiben rund 300 Firmen mit cirka 2.500 Beschäftigten die Versorgung der Stadt.  Der Warenumschlag von 80.000 Tonnen pro Jahr umfasst einen Wert von ungefähr einer Milliarde Euro.  Als Einzugsgebiet wird vorrangig das Stadtgebiet Berlin gesehen, aber auch im Umland von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern werden ungefähr 6 Millionen Menschen mit Grundnahrungsmitteln versorgt.

Das Ziel der Exkursion, der Fleischmarkt hat eine Gesamtfläche von 18.900 m². Hier betreiben 20 zertifizierte Großhändler die Auf- und Verbreitung von Rind,- Schweine,- Lamm,- und Geflügelfleisch für den Einzelhandel im Einzugsgebiet. Der Warenumschlag beträgt 250.000 Tonnen pro Jahr und ist wertmäßig sehr unterschiedlich entsprechend den aktuellen geltenden Preisen. Im Fleischerverband/Innung Berlin sind 135 Fachgeschäfte mit ungefähr 300 Lehrlingen. Anzumerken ist, dass auch hier der Fachkräftemangel immer deutlicher wird. Der Personalmängel beschränkt immer mehr das wirtschaftliche Agieren der Fachgeschäfte.

Erstes Ziel der Exkursion war der Großhändler „buhara – Grünlandfleisch“, nach einer etwas längeren Parkplatzsuche auf dem Gelände, empfing uns der Geschäftsführer Herr Cataltepe. Die Firma handelt ausschließlich nur mit Rind,- Kalb.- Lamm,- und Geflügelfleisch und beliefert mit ca. 250 Mitarbeiter in Teil- und Vollzeit ungefähr 300 Kunden in und im Umfeld Berlins.

 

 

Arbeitsbeginn ist am Vortag um 18:00 Uhr mit der Warenannahme. Die Zerlegung startet dann um 21:00 Uhr. Der Hauptzeitpunkt der Auslieferungen und Abholungen findet dann zwischen 05:00 bis 09:00 Uhr statt. Die Struktur der belieferten Einzelhandelsgeschäfte ist von groß bis klein. Auch hier ist seit Jahren eine zunehmende Konzentrationsbewegung im Einzelhandel zu beobachten und aufgrund dessen die Anzahl der Kunden mit mehreren Filialen stark zunimmt.

Auffallend war auf der Fahrt nach und in Berlin, dass gefühlt die Menge der türkischen geführten Super-Märkte dominieren. Es ist davon auszugehen, dass diese Geschäfte im Einkaufshandel der heimischen Bevölkerung integriert sind. Anzumerken ist auch, dass es sicherlich noch zahlreiche deutsch geführte Fachmetzgereien, welche auch ein sehr gutes überregionales Marketing betreiben.

Hauptstandbein der Firma „Buhara“ ist die Vermarktung von Rind,- Kalb,- und Geflügelfleisch. Traditionsmäßig werden noch eine erhebliche Menge von Lammschlachtkörpern vermarktet. Die Anzahl schwankt saisonal von 800 – 1.500 Karkassen pro Woche, wovon ungefähr 300 heimischer, also deutscher Herkunft sind. Der überwiegende Teil stammt je nach Preisgestaltung aus England, Irland und neuerdings auch aus Schottland. Bei unserem Besuch dominierte der Qualitätsstandart der Importware in Punkto Fleischfülle, Verfettung und Standardisierung. Das bedeutet aber nicht, dass in Deutschland erzeugtes Qualitätslammfleisch schlechter ist, auch hier ist Spitzenware zu finden. Jedoch sind die Mengen an überdurchschnittlich Qualitäten anteilsmäßig bei der Importware sehr hoch. Was bei dem stark unterschiedlichen Schafbestand in Deutschland und den Importländern nachvollziehbar ist.

Vor diesem Hintergrund ist die Wirtschaftsvereinigung „Deutsches Lammfleisch“ bestrebt mithilfe zahlreicher Events und Maßnahmen das Bewusstsein der deutsch Schaf- und Lammfleischerzeugung zur Qualitätslammfleischerzeugung zu unterstützen und zu stärken.

Bei der nach der Besichtigung angeschlossenen Diskussion kam klar vom Geschäftsführer der Firma zum Ausdruck, dass sich die Qualität und Frische der Importlämmer im Vergleich zu früher verbessert hat. Der aktuelle Preisunterschied von einem Euro pro Kilo Schlachtkörper ergibt für die Firma bei einem Karkassen Gewichten von 18 bis 23 kg eine Kostenersparnis von 20.- Euro. Das führt dann letztendlich zum Griff nach der Importware. Nachvollziehbar ist dieser Schritt vor allem im Hinblick auf die heutige Kostensituation, jedoch wurde von den anwesenden Exkursionsteilnehmern, und innen ausdrücklich auf die exorbitant gestiegenen Gestehungskosten in der Lammfleischerzeugung der Schäfereien in Deutschland hingewiesen und das der Mehrpreis für deutsche Ware letztendlich gerechtfertigt ist.  Nach einem späteren Frühstück bedankte sich die Gruppe beim Geschäftsführer für den offenen und ehrlichen Einblick in den Geschäftsablauf der Firma und startete zum nächsten Programmpunkt, dem Besuch eines türkischen Einzelhandelsgeschäftes.

Die Firma „Özgül-Market“ betreibt an zwei Standorten in Berlin mit cirka 50 Mitarbeitern in Voll- und Teilzeit zwei Supermärkte im Einzelhandel. Der Firmeninhaber Herr Celik bekannt sich klar in seiner Einkaufspolitik zur Regionalität beim Fleisch. Im Ladengeschäft werden neben Obst und Gemüse, Trockenware, Dinge des täglichen Bedarfes und auch Non-Food Produkte angeboten. Beim Fleischangebot dominiert ebenfalls das Rind,- Kalb,- und Geflügelfleisch, aber es werden auch noch immerhin ungefähr 20 Lämmer pro Woche in beiden Geschäften vermarktet.

Als besondere Spezialität werden in dem Geschäft zahlreiche Hackfleischsortimente angeboten, die Palette reicht von, mit einem etwas höheren Fettanteil bis zu magerem und der Berliner Spezialitäten-Sortierung „Berliner Bouletten“. Zur Abrundung des Hackfleischangebotes betreibt der Markt im Außenbereich eine „Burger-Verkauf“. Die Exkursionsteilnehmer konnten durch eine Verkostung des original „Berliner Burgers“ sich von der hohen Qualität des Produktes überzeugen.

Beim Lammfleischeinkauf werden im Geschäft ausschließlich nur ganze Schlachtkörper bezogen. Diese werden dann nach einer bestimmten Vorlage fachgerechte zerlegt, was uns von einem Mitarbeiter beim Besuch gezeigt wurde. Die zerlegten Schlachtkörper werden entsprechend detailliert aufgearbeitet und den Berliner Kunden erfolgreich angeboten. Das Fleisch wird zum Beispiel in Form von Keulensteaks, Kotelettes mit oder ohne Knochen, Grillrippchen aber auch als Hackfleisch angeboten.

                  

Die Gruppe bedankte sich beim Geschäftsführer für den Einblick in den Geschäftsablauf und die Verkostung des vorzüglichen Berliner Burger und machte sich auf in das Haus der Land- und Ernährungswirtschaft des Deutschen Bauernverbandes zur Mitgliederversammlung der Wirtschaftsvereinigung deutsches Lammfleisch e.V.

Bezüglich der Exkursion kann festgestellt werden, dass sich der Besuch und der Einblick in die Berliner Fleischvermarktung für die Teilnehmer der WDL-Veranstaltung außerordentlich gelohnt hat. Es konnte ein Überblick über die erfolgreiche türkisch dominierte Fleischvermarktung der Hauptstadt gewonnen werden und es liegt nun gemeinsam an der heimischen Schaf,- aber auch Lammwirtschaft diese Herausforderungen für die Zukunft aufzunehmen. Lassen Sie uns diese Aufgabe gemeinsam erfolgreich bestehen.